Häufig versprechen Presseinformationen zu neuen Arzneimitteln oder Therapien mehr, als diese tatsächlich bewirken können: Innovativ bedeutet nicht automatisch, dass etwas besser ist. So gibt es viele Scheininnovationen, das sind jene Medikamente, die zwar über eine neue chemische Formel verfügen, für Patienten aber keinen oder nur einen geringen therapeutischen Fortschritt bringen. Jedes Jahr werden rund 30 neue Wirkstoffe zugelassen, die wenigsten sind als medizinischer Fortschritt einzustufen. Die Mehrzahl stellt nur eine Variante bereits auf dem Markt befindlicher Wirkstoffe dar. Oft haben die Mittel sogar einen geringeren Nutzen als bereits bewährte Arzneien.
Seien Sie nicht nur kritisch gegenüber den Inhalten, die Sie durch Pharmahersteller berichtet bekommen, gleiches gilt für die Beschreibungen einzelner Patientenschicksale. Diese sind nicht repräsentativ. Hinterfragen Sie stets, was eine (neue) Arznei, eine (neue) Behandlung wirklich nützt. Welche Vorteile, welche Risiken gibt es für einen Patienten? Ein Medikament hat immer auch Nebenwirkungen - doch diese werden gern verschwiegen.
Stellen Sie den Nutzen für den Patienten so genau wie möglich dar. Ist er so erheblich, wie das Pharmaunternehmen verkündet? Oder ist er doch eher gering? Häufig ist der Nutzen neuer Medikamente im Vergleich zu bewährten noch nicht ausreichend erforscht. Langfristige Untersuchungen, die eine aussagekräftigere Bewertung des Mittels ermöglichen könnten, stehen zum Zeitpunkt der Zulassung noch aus. Weisen Sie darauf hin.
Schauen Sie sich genau an, welche Wirkungen in der Studie überhaupt untersucht wurden. Und achten Sie auf die in einer angegeben Pressemitteilung genannten Zahlen.
Arbeiten Sie mit absoluten Zahlen! Gerade bei kleinen Studien wird oft versucht, die geringe Stichprobengröße mit Hilfe von relativen Zahlen zu verschleiern: „50 Prozent der Patienten wurden geheilt“ - das klingt beeindruckend. Wenn es sich dabei aber nur um 5 von 10 Studienteilnehmern handelt, sollten Sie das in Ihrem Artikel auch benennen. Im Umkehrschluss können Sie schreiben „Von 1000 untersuchten Patienten wurden 400 mit dem neuen Medikament schneller wieder gesund.“ Solche absoluten Zahlen, die angeben, wie viele Menschen betroffen sind, haben eine größere Aussagekraft als relative Zahlen, die in Prozentwerten angegeben werden.
Um den Nutzen einzuschätzen, können Ihnen folgende Fragen helfen:
Hier steht also, dass das neue Medikament verlässlich gegen Hepatitis C hilft. Aber was sagen denn die Zahlen? 70 Prozent Heilungschance, sagt die Pressemitteilung zur Studie, und das unabhängig vom Genotyp des Virus. Das klingt doch schon mal gut. Ältere Mittel wie Interferon oder Ribavirin können zwar bis zu 80 Prozent der Patienten helfen, je nach Virustyp sinkt die Heilungschance aber auf nur 50 Prozent. Das neue Mittel wäre also ein Fortschritt hinsichtlich der Verlässlichkeit.